Viele Anhänger sind davon überzeugt, dass ihre Diät mit Abstand die beste Diät ist. Aber wusstest du, dass Diäten Langzeitfolgen haben, denen sich kaum jemand entziehen kann? In diesem Artikel zeige ich dir, warum auch die „beste“ Diät schädlich ist – und was du dagegen tun kannst.
Die wichtigste und schmerzlichste Einsicht des letzten Jahrzehnts war für mich ganz klar: Diäten bringen langfristig keine Erfolge – und jede Menge unangenehme Nebenwirkungen.
Doch das hat ich noch nicht so weit herumgesprochen… Und genau deshalb möchte ich hier zusammenfassen, auf welchen Grundlagen die Behauptung steht, dass Diäten nicht nur nicht funktionieren, sondern sogar schädlich sind.
Wissenschaftlich besteht kein Zweifel mehr daran, dass Diäten langfristig nichts bringen. Das Schlüsselwort ist jedoch langfristig. Denn es ist keine Frage, dass man mit den meisten Diäten Gewicht verlieren kann. Sei es hauptsächlich Wassergewicht bei der schnellen Ananas-Gurken-Diät oder tatsächlicher Körperfettanteil: Wenn der menschliche Organismus gezwungen wird, dann verliert er Gewicht. Doch dieser Gewichtsverlust hat seinen Preis.
Diesen psychologischen Effekt hat auch die beste Diät
Von Ancel Keys wurde in der Minnesota-Hungerstudie schon vor mehr als einem halben Jahrhundert beobachtet, wie sich eine Kaloriendefizit auswirkt. Die erschütternden Effekte traten bei starken jungen Männer auf, die immerhin mehr als 1600 kcal pro Tag in der Hungerphase erhielten. Sie zeigen die universalen Reaktionen in Menschen, die gewollt oder ungewollt weniger als die benötigten Kalorien aufnehmen:
- Ständiges Beschäftigen (Obsession) mit Lebensmitteln, Kochen, Mahlzeiten
- Nicht erlaubte (oder verfügbare) Lebensmittel werden unwiderstehlich und Gegenstand von Tagträumen
- „Jetzt-ist-auch-alles-egal“-Effekt, sobald die Regeln der Diät gebrochen wurden – jetzt kann ich auch weiter essen (und zwar hemmungslos)
- Bereits ein gefühlter Regelbruch genügt, um übermäßiges Verschlingen von verbotenen Lebensmitteln auszulösen
- Schon die Aussicht oder Erwartung von Beschränkungen führt zu Gelagen – alles Verbotene wird am Abend vor Beginn der Diät noch aufgegessen
- Negative Auswirkungen auf Stimmung, Selbstbild, Selbstwertgefühl bis hin zu Depressionen und Konzentrationsstörungen treten auf, je länger der Nahrungsentzug andauert
Jetzt könnte man fragen, warum dann so viele Menschen davon berichten, wie gut sie sich mit dieser neuen Ernährung fühlen. Das erklären folgende Aspekte: Eine Diät bedeutet für den Körper eine enorme Stresssituation, die durch die Ausschüttung von Stresshormonen (wie Cortisol) auch zu einem Energieschub und kurzfristiger Euphorie führen.
Der zweite Grund für das gesteigerte Wohlbefinden liegt häufig in einer sehr simplen Tatsache: Nach einer nährstoffärmeren Ernährungsweise vor der Diät stehen plötzlich mehr Vitamine und Mineralstoffe zur Verfügung.
Denn nicht nur die beste Diät empfiehlt, mehr Gemüse & Obst, weniger stark verarbeitete Lebensmittel zu essen. Und damit wird der eine oder andere Nährstoffmangel behoben.
Zusammen mit den positiven Effekten von mehr Bewegung (wie das viele Programme ebenfalls verordnen) führt das in den ersten Wochen zum bekannten „Noch-nie-so-wohl-gefühlt“-Gefühl.
Stress löst auch die beste Diät aus
Unter der Oberfläche verbirgt sich jedoch, dass ein Stresszustand im Körper nicht als Dauerzustand gedacht ist. Denn während dieser Zeit die Funktionen werden auf das Nötigste reduziert.
Stresshormone fordern über Wochen und Monate hinweg einen hohen Preis: Wie sich das auf deinen Körper auswirkt, entdeckst du in diesem Artikel über die körperlichen Symptome von Stress.
Im Fall einer Hungersnot (egal ob das die beste Diät oder eine Katastrophe ist) baut der Körper neben Fettgewebe auch besonders gern Muskelmasse ab. Immerhin sind Muskeln Energiefresser, für die unter diesen Umständen keine Kapazitäten vorhanden sind. Haare, Haut, Nägel, Hormone, und Energie leiden mit der Zeit – alles, was nicht essentiell für das Überleben ist, wird auf später verschoben.
Mehr essen & weniger bewegen
Um die reduzierte Kalorienzufuhr während einer Diät ertragbar zu machen, passt sich der clevere Organismus nach bestem Wissen und Gewissen an die neue Situation an und reduziert kurzerhand den Grundumsatz. (Darunter versteht man die benötigte Energie, die nur zur Erhaltung des Lebens dient, ohne Verdauungsarbeit, Bewegung und Denken.)
Dein Gehirn geht sogar soweit, dich durch vermehrte Gedanken ans Essen zur größeren Energiezufuhr zu bewegen. Und gleichzeitig durch fehlenden Antrieb zu körperlicher Bewegung weitere Energie zu sparen. Das erklärt auch, warum es früher oder später zu Heißhungerattacken kommt.
Schaden am Stoffwechsel richtet auch die beste Diät an
Vielleicht kennst du auch das beliebte Zahlenspiel zur Verdeutlichung der Gewichtszunahme nach einer Diät:
Eine Person mit 2200 kcal Tagesbedarf beginnt eine Diät, die nur 1500 kcal pro Tag erlaubt. Rein rechnerisch bewirkt ein 700 kcal Defizit pro Tag nach 10 Tagen ein Kilogramm Gewichtsverlust, weil in einem Kilo Körperfett ca. 7000 kcal gespeichert sind.
Da der Organismus mit der Zeit jedoch seine Funktion an die zugeführte Energie anpasst, hat diese Person nach einigen Wochen nur noch einen Tagesbedarf von 1500 statt 2200 kcal. Diese Plateau-Phase, in der nicht mehr viel abgenommen wird, bekämpft man häufig mit einer weiteren Reduktion der Tageskalorien oder mehr Sport – oder beidem.
Für viele ist das jedoch auch der Absprungpunkt, an dem sie zum gewohnten Leben zurückkehren. Wenn diese hypothetische Person nun ihre Zufuhr täglich auch nur auf 1700 kcal erweitert (das entspricht in etwa einer großen Banane mehr…), beginnt sie bereits wieder Gewicht anzusammeln.
Obwohl sie immer noch deutlich weniger isst als vor ihrer Diät (-500 kcal), nimmt sie wieder zu. Zusammen mit dem gesteigerten Hungergefühl, der Attraktivität der so lange verbotenen Lebensmittel und dem bald einsetzenden Frust ist das Aufwärtswandern auf der Waage vorprogrammiert.
Und zwar so sehr, dass man wissenschaftlich Diäten als besten Indikator für zukünftig steigendes Körpergewicht in normalgewichtigen Personen anerkennen musste.
Die Frage nach der Gesundheit
Ein häufig vorgebrachtes Argument für Diäten ist, wie gesundheitsschädlich Übergewicht ist. Vielleicht hast du auch schon gehört, dass Übergewicht und Adipositas durch damit assoziierte Erkrankungen als zweithäufigste Ursache von vermeidbaren Todesfällen gilt.
Allerdings ist dem gar nicht so. Diese Behauptungen stützen sich auf eine amerikanische Untersuchung von 2004, die jedoch ein Jahr später widerlegt wurde und ihre Zahlen um 94% nach unten korrigieren musste. Stattdessen gibt es sogar eine Menge überraschende Hinweise darauf, dass Menschen mit Übergewicht länger leben als normalgewichtige Zeitgenossen.
Gewichtsschwankungen, wie sie in Folge von Diäten immer wieder auftreten, wurden inzwischen als gesundheitsschädlicher identifiziert, als es ein stabiles Übergewicht wäre. Eine nährstoffreiche Ernährung und ausreichend Spaß machende Bewegung gelten außerdem als bessere Indikatoren für Gesundheit als das Gewicht.
Ein normalgewichtiger Mensch mit einseitiger Ernährung und couchbasiertem Leben kann weniger gesund sein als ein Mensch mit extra Kilos, der sich von einer großen nährstoffreichen Vielfalt ernährt, sich bewegt und Freude am Leben hat.
Viele der häufig auf Übergewicht geschobenen Erkrankungen konnten bisher in keinem eindeutigen Ursache-Wirkungs-Verhältnis nachgewiesen werden. Wie bei vielen Beobachtungsstudien im Ernährungsbereich können nur Korrelationen (also Zusammenhänge irgendeiner, möglicherweise unbekannter Art) festgestellt werden. Das zeigt sich unter anderem daran, dass sich gesundheitliche Eckpunkte in einem Menschen nach veränderter Lebensweise unabhängig von Gewichtsverlust verbessern können.
Gleichzeitig sollte ein Blick auf die von chronischem Stress verursachten Erkrankungen stutzig machen, denn sie sehen der Liste von Übergewichtsfolgen erstaunlich ähnlich. Wenn man nun noch eins und eins zusammenzählt, bleibt die Schlussfolgerung nicht aus: Viele Menschen wurden erst durch Diäten übergewichtig und genau dadurch auch besonders vielen Stresshormonen ausgesetzt.
Mögliche Auslöser von Übergewicht
Nachdem ich jahrelang der Überzeugung war, dass es nur an der Ernährung liegen kann, betrachte ich inzwischen völlig andere Zusammenhänge als ursächlich:
- Chronischer Stress (zum Beispiel durch einen hektischen Lebensstil, Zeitdruck, Überarbeitung, Mobbing, Diskrimination, Beziehungsprobleme, existenzielle Ängste, Mangelernährung, übermäßiger Sport, fehlende Lebensfreude und Diäten)
Die bereits beschriebenen Mechanismen des Kampf- oder Fluchtsystems führen zu Gewichtsaufbau. Bei kurzfristigen Stressreaktionen ist das alles kein Problem, bei langanhaltendem, vielseitigem Stress ist die Gewichtszunahme noch das geringste Problem.
- Essen ohne Hunger ist aus meiner Sicht eng mit dem intensiven, gehetzten und stressigen Lebensstil verbunden, in dem sich viele heute gefangen fühlen. Essen wird mit Entspannung assoziiert oder zum Abbau von Frust oder Sorgen eingesetzt. Damit geht oft einher, dass bei vielen Menschen Essen eine bestimmte Rolle im Leben erfüllt. Sei es die Suche nach Erfüllung oder des Fehlen von Lebensfreude – das und vieles mehr kann den Drang zu essen auslösen.
- Fehlender Schlaf führt im Körper dazu, dass die Hungerhormone stärker vertreten sind. Insbesondere der Appetit auf stark zucker- und fetthaltige Lebensmittel wird verstärkt, da diese Lebensmittel wiederum zur Bildung von Serotonin und darausfolgend Melatonin (das „Schlafhormon“) führen.
- Mangelnde Alltagsbewegung ist ein weiterer schleichender Prozess, der langsam aber sicher das Gewicht nach oben regulieren kann. Es gibt Wissenschaftler, die fest davon überzeugt sind, dass die Folgen von Dauersitzen und wenig Alltagsbewegung nicht durch ein festes, vielleicht sogar freudloses Sportprogramm auszugleichen sind.
- Das Verteufeln unterschiedlicher Lebensmittel hat meines Erachtens ebenso seinen Beitrag geleistet, dass das Durchschnittsgewicht nach oben wandert.
- Schließlich ist in den letzten Jahrzehnten auch die Anzahl an Diäten und Diätprodukten rapide angestiegen, was (wie wir bereits festgehalten haben) seinerseits massiv zum steigenden Gewicht in westlichen Ländern beigetragen hat.
Keiner dieser Auslöser wird durch eine Diät beseitigt.
Die beste Diät oder ein glückliches Leben?
Schließlich bleibt die Frage, ob ich mein Leben damit verbringen möchte, mich größtenteils ums Essen und viel Sport zu kümmern. Denn darauf läuft es im Grunde hinaus:
Wenn ein Gewichtsverlust gehalten werden soll, dann muss man dauerhaft auf Diät bleiben und/oder ein hartes Sportprogramm durchziehen.
Für wen das nach einem erfüllten Leben klingt, den möchte ich nicht davon abhalten. Doch für mich ist das (mal ganz abgesehen von den gesundheitlichen Folgen) nichts. Schon gar nicht für etwas so Unbeständiges, wie das gesellschaftlich gerade angesagte Schönheitsideal.
Ich habe für mich deshalb entschieden, dass ich nicht bereit bin
- gemeinsame Mahlzeiten kaputt zu machen, weil sie nicht meinem Ernährungsplan entsprechen
- Einladungen und Feste zu vermeiden, weil ich bei den falschen Dingen schwach werden könnte
- mich um jedes Gramm Zucker zu sorgen, das meine Kinder bei einer Geburstagsfeier aufnehmen
- jede freie Minute mit der Vorbereitung, Planung und Umsetzung aufwendiger und anspruchsvoller Diätpläne zu verbringen
- jeden Tag mehrere Stunden meiner begrenzten Freizeit mit hartem Training zu verbringen
Stattdessen möchte ich den Augenblick genießen, wann immer möglich. Ich möchte entspannt Zeit mit meinen Kindern verbringen, ohne ans Essen denken zu müssen.
Ich möchte ein Buch lesen, das nichts mit Ernährung oder Abnehmen zu tun hat. Ich möchte dem nachgehen, was mir wirklich Freude bereitet.
Ich möchte Spaß daran haben, meinen Körper zu bewegen und seine Muskeln zu spüren. Ich möchte einen Restaurantbesuch genießen können, egal ob mich gerade der Salat oder die Lasagne anlacht.
Ich möchte ohne Rücksicht auf die Aussagen der Waage guter Dinge in meinen Tag starten. Ich möchte meine Tage so gelassen und intensiv wie möglich verbringen – voller Freiheit, Gesundheit und Lebensfreude.
Und das geht nur ohne Diät.
Von der Diätmentalität wegzukommen ist einer der wichtigsten Schritte, um endlich mit sich und seinem Körper zufrieden zu sein, und seine Ziele zu erreichen :)! Ich kann dir hier wirklich nur rechtgeben.